Zunehmende Hitzetage erhöhen gesundheitliche Risiken
Der Klimawandel ist in Bayern angekommen und das hat auch Auswirkungen auf unsere Gesundheit. Das verdeutlichte Dr. Veronika Weilnhammer vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) bei ihrem Vortrag im Bildungszentrum am Kloster Roggenburg. So hat die durchschnittliche Jahrestemperatur in Bayern laut dem Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) seit den 50er Jahren bis heute um 1,9 Grad zugenommen. Die Folge: Weniger Tage im Jahr mit Temperaturen unter 0 Grad, dafür aber mehr Tage mit über 30 Grad und zunehmende Starkregenereignisse. Und gerade die zunehmenden Hitzetage machen dem menschlichen Organismus zu schaffen. Damit kam Dr. Veronika Weilnhammer direkt zum Kern ihrer Präsentation „Die gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels“. Gemeinsam mit ihrer Kollegin vom LGL, Susanne Senninger, hielt sie den Eröffnungsvortrag zur Themenreihe „Klimawandel und Gesundheit 2023“. Angestoßen und organisiert hat die Reihe die Gesundheitsregionplus Landkreis Neu-Ulm, deren Geschäftsstellenleiter Marc Löchner im Bildungszentrum für Familie, Umwelt und Kultur am Kloster Roggenburg einen engagierten Kooperationspartner gefunden hat, um auf das Thema aufmerksam zu machen.
Wie äußern sich mögliche gesundheitliche Probleme?
Wesentliche Frage: Wie äußern sich mögliche gesundheitliche Probleme? Beispielsweise nehmen aufgrund der steigenden Hitzetage die Gefahren für einen Sonnenbrand, Sonnenstich oder Hitzekollaps zu. Bereits bestehende Erkrankungen wie Herz- und Kreislauferkrankungen oder Nierenerkrankungen können sich verschlechtern. Faktoren wie Pflegebedürftigkeit, Medikamenteneinnahme, Über- und Untergewicht können die Anfälligkeit von hitzebedingten Gesundheitsproblemen verstärken.
Die gesundheitlichen Auswirkungen sind vielfältig und treffen alle Bevölkerungsgruppen. Ein besonderes Augenmerk gelte es aber auf ältere Personen und Kleinkinder zu legen, verdeutlichte Dr. Weilnhammer. Dabei sei auch der demografische Wandel zu beachten. Denn immer mehr Menschen erreichen ein hohes Alter und haben dadurch während Hitzewellen ein höheres Risiko für gesundheitliche Probleme. Menschen mit Demenz können die Gefahr durch Hitze häufig nicht einschätzen – ebenso wie Kleinkinder, die den Umgang mit Hitze noch nicht gelernt haben.
Ebenfalls Einfluss nimmt der Klimawandel auf Allergikerinnen und Allergiker, indem sich z. B. die Blütezeit der allergenen Pflanzen erweitert hat. Im Vergleich zu früheren Jahren hat sich die Pollensaison insgesamt verlängert, wobei der Blühbeginn von Allergien auslösenden Pflanzen früher eintritt.
Darüber hinaus haben sich sogenannte Vektoren, die potenziell Krankheitserreger auf den Menschen übertragen können, wie Zecken und Stechmücken, in den letzten Jahren vermehrt verbreitet.
Ein weiteres wesentliches Problem sind die häufigeren Starkregenereignisse. Immer noch präsent ist zum Beispiel das Hochwasser aufgrund eines solchen Starkregens in Simbach am Inn 2016. Auch die möglichen Auswirkungen auf die psychische Gesundheit der Betroffenen (z. B. Angst- und Schlafstörungen, Depressionen) infolge eines Hochwassers dürfen nicht vergessen werden.
Wie können wir uns vor den gesundheitlichen Folgen des Klimawandels schützen?
Eine große Herausforderung ist nun, sich vor den gesundheitlichen Folgen des Klimawandels zu schützen. Susanne Senninger vom LGL stellte in diesem Zusammenhang Projekte und Informationsmaterialien vor, die das LGL entwickelt hat. Des Weiteren machte sie auf das neu gegründete Bayerische Kompetenzzentrum für Gesundheitsschutz im Klimawandel aufmerksam, das vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (StMGP) gefördert und am LGL koordiniert wird. Ein Schwerpunkt des Kompetenzzentrums ist unter anderem die Landesarbeitsgemeinschaft Gesundheitsschutz im Klimawandel (LAGiK). Diese wurde im September 2021 auf Initiative des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege (StMGP) und unter Koordination des LGL gegründet. Das Ziel dabei ist es, die bayerischen Bürgerinnen und Bürger besser auf die gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels vorzubereiten. Das erste Schwerpunktthema der LAGiK ist die gesundheitliche Belastung durch Hitze. Besonders handlich und für jede Tasche geeignet ist eine Postkarte, die von der LAGiK erarbeitet wurde und neun Tipps enthält, wie man sich bei Hitze schützen kann. Dazu gehören natürlich, sich leicht und luftig zu kleiden und im Schatten zu bleiben, aber auch den Medikamentenplan gegebenenfalls nach ärztlicher Absprache anzupassen.
Außerdem unterstützt das Bayerische Kompetenzzentrum für Gesundheitsschutz im Klimawandel bayerische Kommunen bei der Erstellung von sogenannten Hitzeaktionsplänen. Hierfür kann beispielsweise auf der LGL-Webseite die sogenannte Toolbox heruntergeladen werden. Diese unterstützt bei der Gestaltung und Planung von Hitzeanpassungsmaßnahmen. Sie soll es Kommunen erleichtern, ihren eigenen, auf die individuellen Strukturen und Bedürfnisse angepassten Hitzeaktionsplan zu erstellen.
Weiterhin umfasst das Bayerische Kompetenzzentrum für Gesundheitsschutz im Klimawandel die Projekte im Themenbereich Klimawandel und Gesundheit am LGL. Ein Projekt, das Susanne Senninger aufführte, war KlapP (Klimaanpassung in der Pflege). Im Rahmen des Projekts wurden bereits verschiedene Informationsmaterialien und Online-Schulungen sowohl für Pflegefachkräfte als auch für pflegende Angehörige erstellt. Zudem wurde im Rahmen des Vortrags auf das Elektronische Polleninformationsnetzwerk (ePIN) des LGL hingewiesen. Das Messnetz zur Erfassung des Pollenflugs in Bayern unterstützt durch kostenlose und aktuelle Pollenflugdaten (verfügbar auf der ePIN-Webseite oder -App) Allergikerinnen und Allergiker dabei, ihr Verhalten im Alltag und ihre Medikamenteneinnahme besser planen und anpassen zu können.
Auch wenn es wichtig ist, sich an die jeweiligen gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels anzupassen, so waren sich alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer in der anschließenden Diskussion einig, dass das wesentliche Ziel ist, etwas gegen den Klimawandel zu tun und damit das Problem an der Wurzel anzugehen. Hier sind viele Akteure und Entscheidungsträger gefragt und gefordert, aber jeder sollte auch schon mal bei sich selbst anfangen und eigene Verhaltensweisen überdenken.
Weitere Veranstaltungen der Reihe Klimawandel und Gesundheit 2023
Gemeinsam mit dem Bildungszentrum am Kloster Roggenburg lädt die Gesundheitsregionplus im März zu weiteren Veranstaltungen in der Reihe „Klimawandel und Gesundheit“ ein. „Damit wollen wir auf dieses wichtige Thema aufmerksam machen und den Fokus auf eine wesentliche Folge des Klimawandels lenken, die uns alle betrifft und nicht egal sein darf: Unser aller Gesundheit“, sagt Marc Löchner.
Herausforderung Klimawandel
Mittwoch, 08. März 2023 19:00-21:00 Uhr
Referenten: Priv. Doz. Dr. rer. nat. Susanne Kühl und Prof. Dr. rer. nat. Michael Kühl
Teilnahme auch online möglich
zur Veranstaltung und Anmeldung
Klimaresilienz – Anpassungsstrategien an die Folgen des Klimawandels
Donnerstag, 09. März 2023, 19:00 Uhr
Referenten: Priv. Doz. Dr. rer. nat. Susanne Kühl und Prof. Dr. rer. nat. Michael Kühl
Teilnahme auch online möglich
zur Veranstaltung und Anmeldung
KlimaBild – Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen
Dienstag, 21. März 2023, 14:30 bis 17:00 Uhr
Referentin: Roswitha Lüer
zur Veranstaltung und Anmeldung
Klimawandel-Bauen-Wohnen-Arbeiten
Mittwoch, 22. März 2023, 09:00 bis 13:00 Uhr
zur Veranstaltung und Anmeldung
Wald, Klima und Gesundheit
Mittwoch, 29. März 2023, 14:30 bis 17:00 Uhr
Referenten: Dörte Fischer, Bildungszentrum Roggenburg und Albin Huber, Walderlebniszentrum Roggenburg
zur Veranstaltung und Anmeldung