Weitere Hinweise zum Artenschutz

Was müssen Sie beim Erwerb eines besonders bzw. streng geschützten Tieres beachten?

Für besonders geschützte bzw. streng geschützte Tiere nach Anhang A und B der EG-Verordnung 338/97 besteht ein grundsätzliches Vermarktungsverbot. Artengeschützte Tiere, die dem strengen Schutz nach Anhang A der EG-Verordnung 338/97 unterliegen, dürfen nach Artikel 8 Absatz 3 der Verordnung nur mit einer gültigen EG-Bescheinigung vermarktet werden. Ausnahmen vom Vermarktungsverbot sowie die legale Herkunft der streng geschützten Tiere nach Anhang A werden in der gelben EG-Bescheinigung geregelt.

Unter Vermarktung versteht man den Kauf, das Angebot zum Kauf, den Erwerb zu kommerziellen Zwecken, die Verwendung zu kommerziellen Zwecken sowie den Verkauf, das Vorrätighalten zu Verkaufszwecken, das Anbieten zu Verkaufszwecken oder das Befördern zu Verkaufszwecken. Deshalb sollte man beim Kauf eines streng geschützten Tieres nach Anhang A der EG-Verordnung (zum Beispiel viele Schildkrötenarten, Vogelarten, Graupapageien etc.) darauf achten, dass der Verkäufer im Besitz einer gültigen gelben EG-Bescheinigung ist. Im Fall einer illegalen Vermarktung von Arten nach Anhang A müssen Käufer und Verkäufer mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen. Zudem muss auf die Kennzeichnungspflicht für diese Tiere geachtet werden (geschlossener Ring, vollständige Fotodokumentation, Transponder). Die Kennzeichnung der Tiere muss in der EG-Bescheinigung angegeben sein.

Für besonders geschützte Tiere nach Anhang B muss die rechtmäßige Herkunft dieser Tiere anhand eines Herkunftsnachweises oder einer Nachzuchtbestätigung erfolgen. Hierbei sollten folgende Angaben enthalten sein: Name und Adresse des Züchters und des neuen Erwerbers, wissenschaftlicher und deutscher Artname des Tieres, vorgeschriebene Kennzeichnung, Geschlecht (soweit feststellbar) und Angaben zu den Elterntieren. Zudem sollte zusätzlich zum Vorhandensein dieser Dokumente ein Kaufvertrag mit dem Verkäufer oder Züchter abgeschlossen werden.

Tierhalter und Züchter von besonders und streng geschützten Tieren sind verpflichtet, diese art- und tierschutzgerecht unterzubringen. Es müssen ausreichend große Gehege, Volieren, Käfige oder Terrarien für die entsprechende Tierart vorhanden sein. Auch auf eine artgerechte Tierhaltung ist zu achten (zum Beispiel paarweise Unterbringung von Papageien).

Der Schutzstatus eines Tieres kann auf der Seite des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) beim Wissenschaftlichen Informationssystem zum Internationalen Artenschutz oder bei der unteren Naturschutzbehörde des Landratsamtes Neu-Ulm abgefragt werden.

Weiterhin gilt es zu beachten, dass der Schutzstatus von Tieren auch herauf- und herabgestuft werden kann. So ist zum Beispiel der Graupapagei (Psittacus erithacus) und der Himmelblaue Zwergtaggecko (Lygodactylus williamsi) von Schutzstatus B seit dem 04.02.2017 auf den Schutzstatus A heraufgestuft worden. Eine EG-Bescheinigung ist für beide Tierarten ab dem 04.02.2017 erforderlich. Eine Vermarktung dieser Tiere ohne die erforderliche EG-Bescheinigung stellt einen Straftatbestand für den Verkäufer und Käufer dar.

Wie können Sie eine EG-Bescheinigung für ein streng geschütztes Tier beantragen?

Den Antrag für die Erteilung einer EG-Bescheinigung kann beim Landratsamt Neu-Ulm angefordert werden. Den Antrag muss vollständig ausgefüllt und unterschrieben an die untere Naturschutzbehörde des Landratsamtes Neu-Ulm übersandt werden. Wenn die Kennzeichnung der Tiere über die Fotodokumentation erfolgt, ist dem Antrag die vollständige bisherige Fotodokumentation beizufügen. Die untere Naturschutzbehörde prüft nach Antragseingang mit allen erforderlichen Unterlagen, ob die EG-Bescheinigung ausgestellt werden kann. Ohne vollständige Fotodokumentation kann keine EG-Bescheinigung ausgestellt werden. Der Antrag muss dann abgelehnt werden. Bitte beachten Sie, dass die Fotodokumentation bei Schildkröten nur in Deutschland anerkannt wird.

Wie kommen Sie Ihrer Meldeverpflichtung für besonders und streng geschützten Tiere (An- und Abmeldung) nach?

Besonders geschützte und streng geschützte Wirbeltiere müssen nach § 7 Absatz 2 der Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV) unverzüglich (im Regelfall innerhalb von zwei Wochen) bei der unteren Naturschutzbehörde des Landratsamtes Neu-Ulm nach Erwerb oder Geburt bzw. ab der Lebensfähigkeit des Tieres gemeldet werden. Jedes weitere erworbene Tier muss ebenfalls angemeldet werden. Die Anzeigepflicht liegt beim Halter. Für Minderjährige handeln deren Erziehungsberechtigte. Die Verletzung der Meldepflicht stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einem Bußgeld geahndet werden kann.

Die An- und Abmeldung der besonders bzw. streng geschützten Tiere erfolgt in der Regel mit dem Formular Bestandsanzeige. Die An- und Abmeldung der Tiere ist kostenfrei. Die Anmeldung ersetzt jedoch nicht die erforderlichen Dokumente wie EG-Bescheinigungen, Herkunftsnachweise, Nachzuchtbestätigungen.

Die Verlegung des Standortes des Tieres wie Umzug, Weitergabe an Dritte, Verlust oder Tod eines Tieres ist unverzüglich mit dem Formular Bestandsanzeige bei der unteren Naturschutzbehörde des Landratsamtes Neu-Ulm zu melden. Bei Tod oder Verlust eines streng geschützten Tieres muss die ausgestellte EG-Bescheinigung im Original mit der Fotodokumentation bei der unteren Naturschutzbehörde abgegeben werden. Bei Verkauf oder Schenkung ist der neue Halter mit Name und Anschrift mitzuteilen. Die EG-Bescheinigung für streng geschützte Tiere und die fortgeführte Fotodokumentation zum Beispiel bei Schildkröten und Schlangen ist dem neuen Besitzer auszuhändigen. Bei besonders geschützten Tieren nach Anhang B sind der Herkunftsnachweis des Tieres bzw. die Nachzuchtbestätigung sowie der Kaufvertrag bzw. Schenkungsvertrag dem neuen Halter auszuhändigen. Die Meldepflicht gilt sowohl für den bisherigen Halter als auch für den neuen Halter des Tieres bei der jeweils für ihn zuständigen Behörde.

Wann müssen Sie die EG-Bescheinigung wieder an die Behörde zurück geben?

Im Fall des Todes oder bei Verlust des Tieres muss die EG-Bescheinigung im Original mit der Fotodokumentation der Behörde zurückgegeben werden.

Was bedeutet die Kennzeichnungspflicht bzw. die Fotodokumentation bei besonders bzw. streng geschützten Tieren?

Wer lebende Säugetiere, Vögel und Reptilien der in Anlage 6 Spalte 1 BArtSchV zu § 12 und § 13 der BArtSchV aufgeführten Arten hält, hat diese unverzüglich zu kennzeichnen (§ 12 Satz 1 BArtSchV). An dieser Stelle kann nur ein Auszug der am häufigsten gehaltenen Tierarten wiedergegeben werden. Bei anderen Tierarten wenden Sie sich bitte direkt wegen der Kennzeichnungsmethode an die untere Naturschutzbehörde des Landratsamtes Neu-Ulm.

Artenschutzrechtliche Kennzeichen (Ringe und Transponder) sind ausschließlich bei folgenden Stellen erhältlich:

Vögel

Gezüchtete Vögel sind vorrangig mit dem geschlossenen Ring zu kennzeichnen (§ 13 Absatz 1 Nummer 1 BArtSchV). Ist die geschlossene Beringung nicht möglich, kann die untere Naturschutzbehörde auf schriftlichen Antrag im Einzelfall einer anderen alternativen Kennzeichnungsmethode zustimmen. Der Antrag muss begründet sein. Diese Zustimmung muss vor der abweichenden Kennzeichnung bei der unteren Naturschutzbehörde des Landratsamtes Neu-Ulm eingeholt werden.

Schildkröten

Schildkröten können ab einem Gewicht von 500 Gramm mit einem Transponder gekennzeichnet werden. Die Kennzeichnung mittels Transponder darf nur von einem Tierarzt vorgenommen werden. Bei einem Transponder handelt es sich um einen reiskorngroßen Microchip mit einer unveränderlichen Code-Nummer. Der Tierarzt injiziert den Chip in den Tierkörper. Führt man am Tier ein Lesegerät vorbei, wird der Chip aktiviert und strahlt seinen Identifikationscode zurück. Die Nummer erscheint auf dem Lesegerät. Alternativ zum Microchip kann die regelmäßige Fotodokumentation ab Geburt des Tieres angewendet werden.

Die Fotodokumentation muss in den folgenden Zeitabständen erfolgen:

  • im 1. Lebensjahr halbjährlich
  • im 2. – 10. Lebensjahr jährlich
  • ab dem 11. Lebensjahr alle fünf Jahre

Damit die Änderungen der Individualmerkmale nachvollziehbar bleiben, muss die Fotodokumentation für Schildkröten regelmäßig aktualisiert werden. Die Aktualisierung der Fotodokumentation liegt in der ausschließlichen Verantwortung des Halters. Um die Entwicklung des Tieres nachvollziehen zu können, sind die Aufnahmen an die entsprechende Original-EG-Bescheinigung und die bereits vorhandenen Fotos zu heften. Auf diese Art und Weise bleibt die EG-Bescheinigung nach und nach auf einem aktuellen Stand und kann dem jeweiligen Tier zugeordnet werden.

Ohne vollständige Fotodokumentation kann keine EG-Bescheinigung ausgestellt werden bzw. die bereits beim Kauf des Tieres ausgehändigte EG-Bescheinigung wird ungültig. Eine Vermarktung des Tieres ist dann nicht mehr möglich. Dies kann unter Umständen auch dazu führen, dass das Tier eingezogen und beschlagnahmt werden muss. Bei der Fotodokumentation müssen die individuellen Kennzeichen des Tieres erkennbar sein. Bei Schildkröten sind dies die Kreuzungslinien des Bauchpanzers und die Nahtstellen des Rückenpanzers. Damit die Merkmale des Tieres gut sichtbar sind, sollen die Fotos frontal, scharf und gut ausgeleuchtet sein. Schattenbildung ist zu vermeiden. Ergänzend zur Fotodokumentation ist eine Beschreibung des Tieres (Länge, Gewicht, Geschlecht, Alter, auffällige Besonderheiten) erforderlich. Auf dem Foto sollte ein Größenmaßstab erkennbar sein, zum Beispiel neben der Schildkröte liegendes Lineal, Zollstock oder kariertes Fotopapier mit Zentimeterangabe.

Schlangen

Die in Anlage 6 der Bundesartenschutzverordnung genannten Schlangen können wahlweise ab einem Gewicht von mehr als 200 Gramm mit dem Transponder, der vom Tierarzt implantiert wird, oder mit der fortlaufenden Fotodokumentation gekennzeichnet werden. Die Fotodokumentation muss fortlaufend ergänzt werden. Die Fotodokumentation muss eine fotografische Darstellung individueller Körpermerkmale enthalten, die eine Identifizierung ermöglicht. Diese Darstellung ist um eine Beschreibung des Tieres zu ergänzen (§ 13 BArtSchV), die zumindest Angaben zu Länge, Gewicht, Geschlecht, Alter sowie eine Beschreibung vorhandener Besonderheiten enthalten muss. Die Fotos müssen scharf und gut ausgeleuchtet sein. Schattenbildung ist zu vermeiden. Die Tiere müssen senkrecht zu den Merkmalen fotografiert werden und bildfüllend abgebildet sein. Rücken- und Seitenansichten vom Kopf-Halsbereich sollten bei möglichst ausgestreckter Körperlage erfolgen, da ansonsten die Beurteilung von Zeichnungsmerkmalen nicht möglich ist.

Was müssen Sie beachten, wenn Sie ein besonders geschütztes oder streng geschütztes Tier finden (sogenannte Fundtiere, zum Beispiel Schildkröten, Papageien)?

Die Zuständigkeit für die Unterbringung und die Pflege von Fundtieren (und damit auch die Pflicht zur Übernahme der Kosten, gegebenenfalls auch der Tierarztkosten) liegt bei der zuständigen Gemeinde oder Stadt, die neben Fundsachen auch Fundtiere entgegenzunehmen hat. Der Finder hat den Fund unverzüglich bei der zuständigen Gemeinde oder Stadt anzuzeigen und ist verpflichtet, das Fundtier bei der Gemeinde oder Stadt oder bei einer von ihr bestimmten Stelle abzugeben. In der Regel sollte die Unterbringung des Fundtieres in einem Tierheim erfolgen.
 
Gefundene Tiere, die besonders bzw. streng geschützt sind, unterliegen ebenfalls der Meldepflicht bei der unteren Naturschutzbehörde des Landratsamtes Neu-Ulm. Diese Fundtiere dürfen nicht zur Zucht und zur Vermarktung verwendet werden. Weil die Herkunft bei Fundtieren oft nicht geklärt werden kann, sind diese Tiere als illegal einzustufen. Sie werden in der Regel beschlagnahmt und eingezogen. Kann aufgrund der Kennzeichnung (Ring-Nummer, Transponder) die Herkunft ermittelt werden, sind die Fundtiere an den letzten Besitzer zurückzugeben, sofern dieser die erforderlichen Anforderungen für die Haltung des Tieres erfüllt. Falls sich die Herkunft nicht ermitteln lässt und der Finder selbst das artengeschützte Tier behalten möchte, kann die untere Naturschutzbehörde prüfen, ob das Tier dem Finder überlassen werden kann.

Können auch Pflanzen besonders bzw. streng geschützt sein?

Auch Pflanzen (zum Beispiel einheimische oder exotische Orchideen, viele Enzianarten und Blumen wie die Schlüsselblume) sind nach dem Bundesnaturschutzgesetz, der Anhänge A und B der EG-Verordnung 338/97, der in Anlage 1 der Bundesartenschutzverordnung genannten Pflanzen sowie der FFH-Richtlinie besonders bzw. streng geschützt. Die besonders und streng geschützten Pflanzen unterstehen einem Zugriffsverbot. Das heißt, es ist verboten, den Standort zu beeinträchtigen oder gar zu zerstören (§ 44 Absatz 1 Nummer 4 Bundesnaturschutzgesetz BNatSchG). Verstöße stellen eine Ordnungswidrigkeit, unter Umständen auch eine Straftat dar.

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