Nach Weißenhorn und Illertissen mit dem Elektro-Zug


Agil, abgasfrei und attraktiv - das sollen die Illertalbahn von Ulm nach Kempten (85 Kilometer) sowie die Zweigstrecke von Senden nach Weißenhorn (10 Kilometer) sein. Dazu werden die bislang eingleisigen Diesel-Strecken ausgebaut und elektrifiziert. Wie der aktuelle Stand der Arbeiten ist, darüber informierte die Interessengemeinschaft (IG) Illertalbahn bei einer Pressekonferenz nach einer Sitzung im Sendener Bürgerhaus.

Landrat Thorsten Freudenberger, der zugleich Vorsitzender der IG Illertalbahn ist, kündigte eine „schrittweise Angebotsverbesserung“ an. Das erfordere aber das „Bohren dicker Bretter“. Neben der Elektrifizierung soll die Illertalbahn, die Teil des Netzes der Regio-S-Bahn Donau-Iller ist, abschnittsweise um ein zweites Gleis ergänzt werden, so dass künftig mehr Regio S-Bahn-Züge auf der Strecke fahren können. Zudem werden die Gleise und Bahnschwellen sowie die Leit- und Sicherheitstechnik erneuert. In Planung sind auch zusätzliche Haltestellen.

Der Bahnhof Senden wird zur modernen Mobilitätsdrehscheibe ausgebaut. Zug, Bus und Gastronomie werden dort integriert. Bereits fertig ist der Steg über die Gleise am Bahnhof. „Die Brücke verbindet die West- mit der bislang schwach erschlossenen Ostseite des Bahnhofs. Dadurch wachsen die beiden Teile Sendens wieder zusammen“, sagte Bürgermeisterin Claudia Schäfer-Rudolf.

Auf der Westseite wird es künftig einen modernen Busbahnhof und in pavillonartigen Gebäuden Post, Bäcker und eine Fahrradabstellanlage geben. Auch auf der Ostseite werden eine Bushaltestelle, Fahrradabstellanlagen und ein Pendlerparkplatz eingerichtet. Der Landkreis stimmt die Busverbindungen darauf ab. Die Sendener Rathauschefin schwärmt von dem Großprojekt, das sie als „Blaupause für die Mobilitätsstationen in ganz Bayern“ sieht. Sie hat aber auch noch einen Wunsch an die Deutsche Bahn (DB):  ein Dach für den Fußgängersteg. Das Wetter spielte ihr dabei in die Karten, denn pünktlich zur Besichtigung des Sendener Bahnhofs im Vorfeld der IG-Illertalbahn-Sitzung fing es zu regnen an.

Den Ausbau und die Elektrifizierung der Illertalbahn hat der Freistaat Bayern bei der Deutschen Bahn beauftragt. Die DB verspricht dabei auch „moderne Bahnübergänge für mehr Sicherheit“, erwähnte Tobias Liebl, Gesamtprojektleiter bei der DB-Netz AG. Von Oktober 2022 bis Juli 2023 fanden orientierende Erkundungsbohrungen und Trassierungsvermessungen entlang der gesamten Strecke von Neu-Ulm nach Kempten statt. Es wurden rund 900 Bohrungen vorgenommen. Dadurch kann die Beschaffenheit und Tragfähigkeit des Bodens untersucht werden. „Die Planer können so Baumaßnahmen für den Ausbau der Illertalbahn ausarbeiten und entscheiden, wie Gleise, Brücken, Schallschutzwände und Oberleitungsanlagen stabil gebaut werden können“, erläuterte Liebl. Im Herbst werden die Analyseergebnisse voraussichtlich vorliegen.

Aktuell, seit Mai bis August, wurde der Schallschutz-Bedarf für den nördlichen und südlichen eingleisigen Streckenabschnitt berechnet. Im Anschluss werden verschiedene Varianten zu den Bahnübergängen, Oberbauanpassungen und Umbauten an den Bahnstationen untersucht. Ableitend von den Berechnungen zum Schallschutz lässt die Bahn erste Gutachten zu möglichen Lärmschutzmaßnahmen erstellen und beginnt mit der Planung der Elektrifizierung. Als neue zweigleisige Streckenabschnitte sind nach aktuellem Stand der Planungen vorgesehen: Gerlenhofen–Senden und Kellmünz–Pleß. Im Zuge des Projekts soll der Bahnhalt Gerlenhofen in die Ortsmitte verlegt und eine neue Station Senden-Nord geprüft werden.

Der neue Fußgängersteg über die Gleise des Bahnhofs Senden weist in die Zukunft der künftigen Mobilitätsdreh-scheibe.

Zudem laufen auch schon die Planungen für sechs zusätzliche, sogenannte Memminger Halte: Pleß, Fellheim, Heimertingen, Memmingen-Amendingen, Memmingen-Berufsbildungszentrum (BBZ) sowie Buxheim. „Bei optimalem Projektverlauf ist die Fertigstellung der Haltestellen bis Ende 2027 möglich“, erklärte Dr. Oliver Dümmler, Geschäftsführer des Vereins Regio-S-Bahn Donau-Iller. Dr. Dümmler informierte außerdem darüber, dass „der Kostendeckel von Seiten des Freistaates für die Memminger Halte auf 15 Millionen Euro festgesetzt“ worden sei und im Zuge der Vorplanungen auch eingehalten werden konnte.

Zügiger wird es bei der Nebenstrecke Senden – Weißenhorn gehen. Nach Auskunft von Ralf Gummersbach (Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm) wird noch in diesem Jahr der gesamte Schienenstrang – mit Ausnahme des Bahnhofs Weißenhorn – „grunderneuert“. Dafür muss die Strecke voraussichtlich ab Anfang September für fünf Wochen gesperrt werden. Ein Schienenersatzverkehr mit Bussen wird eingerichtet.

Die Baukosten betragen circa 5 Millionen Euro, davon übernimmt der Freistaat Bayern 3,7 Millionen Euro, den Rest zahlt der Streckeneigentümer SWU Verkehr. Es werden rund 10.000 Meter Kabel bauzeitig umverlegt sowie 13.000 Stück Schwellen und 14.000 Meter Schienen neu eingebaut. Auch die Elektrifizierung des „Weißenhorners“ ist bereits ins Auge gefasst: „Die Vorplanung wurde begonnen und soll noch in 2023 abgeschlossen werden“, sagte Ralf Gummersbach, der Geschäftsführer der SWU Verkehr.

Vorgesehen ist, dass die Strecke fertig erneuert ist, wenn am 10. Dezember 2023 das Jubiläum „zehn Jahre erfolgreiche Reaktivierung des Weißenhorners“ ansteht. Geplant sind dafür: Sonderfahrten, Musik, Infostände, Filmvorführungen, Besichtigungen und ein Mobilitätsmarkt. Besucht werden kann auch der Nikolausmarkt in Weißenhorn, der am selben Tag stattfindet.

Nach dem Ausbau des Bahnhofs Senden und der Modernisierung der Weißenhorner Strecken, tritt zudem ab 10. Dezember auch ein neues Fahrplankonzept für den Regio S-Bahn Verkehr auf dem „Weißenhorner“ (RS 71) und der Illertalbahn (RS 7) in Kraft. Damit werden dann in der Hauptverkehrszeit zusätzliche Fahrten angeboten, so dass es z.B. bereits zeitweise einen Halbstundentakt nach Weißenhorn geben wird.

„Das Großprojekt Illertalbahn geht also voran“, freute sich Landrat und IG-Illertalbahn-Vorsitzender Thorsten Freudenberger. „In den acht Jahren seit Gründung der IG Illertalbahn haben wir bereits viel erreicht.“

Gemeinsam für den Ausbau der Illertalbahn (von links): Ralf Gummersbach (SWU), Dr. Oliver Dümmler (Verein Regio-S-Bahn  Donau-Iller), Tobias Liebl (DB-Netz AG), Landrat Thorsten Freudenberger, Claudia Schäfer-Rudolf (Bürgermeisterin von Senden).

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