Landkreis Neu-Ulm steht vor einem finanziellen Kraftakt
Der Landkreis Neu-Ulm steht vor einer ambitionierten Investitionsoffensive. Damit diese gestemmt werden kann, braucht es heuer und in den nächsten Jahren allerdings große Sparanstrengungen. Bereits in diesem Jahr stehen Kreispolitik und -verwaltung vor einem Kraftakt. Denn „wir haben eine sehr angespannte Haushaltslage“, machte Kreiskämmerer Dominic Tausend bei einer Klausursitzung des Kreistages deutlich. Später am Tag stellte er den Haushaltsplanentwurf den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern sowie den Medien vor.
Allein die ordentlichen Aufwendungen sind um rund 20 Millionen Euro höher als im Vorjahr. Hintergrund sind die strukturell schlechte wirtschaftliche Lage in Deutschland, die horrende Inflation in den letzten Jahren, die sich in den hohen Tarifabschlüssen fortsetzt, der Ausbau des Sozialstaates durch den Bund sowie die stark gestiegenen Energie- und Rohstoffkosten sowie die Unterbringung und Versorgung der nach Deutschland geflüchteten Menschen. Von diesen Faktoren sind nahezu alle Landkreise in Deutschland betroffen. Das Gleiche gilt für das Defizit der Kliniken, das 2024 im Landkreis mit Plankosten von rund 18 Millionen Euro veranschlagt ist. Einen Fehlbetrag von 16,6 Millionen Euro (ohne Abschreibungen) wird der Landkreis in diesem Jahr ausgleichen.
Für einen ausgeglichenen Haushalt plant Kreiskämmerer Dominic Tausend mit einer Erhöhung des Kreisumlage-Hebesatzes um 1,1 Prozentpunkte von jetzt 49 auf 50,1 Prozent. Das Aufkommen aus der Kreisumlage würde dadurch von 119,7 Millionen auf 134,4 Millionen wachsen. Die Kreisumlage macht allein 58,5 Prozent der gesamten Erträge aus. Die 1,1 Prozentpunkte Hebesatzsteigerung, die bis auf Weiteres im Etatentwurf angesetzt wurde, entspricht 2,9 Millionen Euro. Wenn es gelingt, diesen Betrag zusätzlich einzusparen, könnte auf die Hebesatzsteigerung verzichtet werden. „Wir sind wild entschlossen und guter Dinge, dass dem Kreistag dies gelingen wird“, sagte die neue Landrätin Eva Treu.
Bei den Investitionen sieht der Etatentwurf in diesem Jahr Ausgaben von 18,3 Millionen Euro vor. Dabei sollen 3,5 Millionen in die Fernwärmeversorgung in Weißenhorn und 3,3 Millionen Euro in die Häuser der Kreisspitalstiftung fließen. 2,8 Millionen sind für den Ausbau der Kreisstraße NU 2 Roggenburg – Schießen geplant. Mit 1,9 Millionen Euro kalkuliert man für den Anbau der Wirtschaftsschule Senden und mit 1,4 Millionen Euro für die Beteiligung an der Generalsanierung des Kollegs der Schulbrüder in Illertissen.
In den darauffolgenden Jahren (bis 2027) plant der Landkreis die Fortsetzung der Investitionsoffensive. Im Einzelnen stehen an: Neubau des Lessing-Gymnasiums Neu-Ulm 113 Millionen Euro, Erweiterung der Inge-Aicher-Scholl-Realschule Neu-Ulm 13,4 Millionen Euro, Generalsanierung Kolleg Illertissen 13,2 Millionen Euro, Ersatzneubau Kreisbetriebshof in Unterroth 12,6 Millionen Euro sowie der Ausbau der Kreisstraße NU 15 Tiefenbach – Gannertshofen 9,9 Millionen Euro.
Zur Finanzierung ist eine hohe Darlehensaufnahme wohl unumgänglich. Der Schuldenstand wird dadurch voraussichtlich von 25,0 Millionen Euro (2024) auf 128,0 Millionen Euro (2027) steigen, „wenn es nicht gelingt, die Investitionen zu kürzen“, so die Landrätin.
In Anbetracht der prekären Finanzlage sollen auch die freiwilligen Leistungen des Landkreises auf den Prüfstand gestellt werden. Kreiskämmerer Dominic Tausend sprach von einer „Liste mit rund 100 Einzeleinsparpotenzialen“. Nachdem die Kreisverwaltung bereits alle Einsparungen vornahm, die ohne politische Beschlüsse möglich waren, müsse nun die Kreispolitik entscheiden, „was sich der Landkreis noch leisten will und kann“, so Eva Treu.
Bei den gesetzlichen Pflichtaufgaben, die laut Kreiskämmerer Dominic Tausend „über 80 Prozent der gesamten Kosten des Landkreises ausmachen“, ist der Einfluss des Landkreises laut Tausend „dagegen äußerst gering“.
Die Haushaltsberatungen beginnen in den Fachausschüssen am 20. Februar 2024. Die Haushaltsdebatte findet am 15. März im Kreistag statt, bevor das Gremium den Etat verabschiedet.
Kreiskämmerer Dominic Tausend präsentierte vor dem Kreistag, den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern der Städte, Märkte und Gemeinden sowie den Medien den Haushaltsplanentwurf 2024.
Foto: Jürgen Bigelmayr / Landratsamt Neu-Ulm